Die Zeit vom Sonnenuntergang bis zur Nacht

 

 

Wenn der Tag geht, dann beginnt für viele Photographen die eigentliche Arbeit bzw. die Herausforderung im Umgang mit der Kamera. Angefangen beim Sonnenuntergang über die Blaue Stunde bis zu den Aufnahmen in fast vollkommener Dunkelheit. Und eine Nachtaufnahme bringt noch das hervor, was das Auge fast gar nicht mehr wahrnimmt. Aber sie zeigt auch gnadenlos die Schwächen einer Kamera auf, die schönste Stimmung wird durch ein Sensorrauschen zur großen Enttäuschung beim Betrachten der Bilder.

 

Auch ist es sehr wichtig die Kamera im Dunklen bedienen zu können, da sollte man jeden Knopf und seine Bedeutung kennen. Umschalten in den manuellen Fokus, ISO erhöhen und Blende und Verschlusszeit kontrollieren und wie wird die Kamera auf dem Stativ befestigt? Das sind nur wenige Fragen, aber auch sie können in der Dunkelheit zu einer weiteren Herausforderung werden. Eine Taschen- oder Stirnlampe hat dabei schon manchen gerettet doch noch ein gutes Bild mit nach Hause zu nehmen. Und mit ein wenig Übung und Verständnis für die Anforderungen kommt auch der Nachtphotograph zu seinem Ziel.

 

Das wohl wichtigste am ganzen Equipment ist zweifelsfrei die Kamera. Obwohl man mit fast jeder Kamera Nachtaufnahmen machen kann, sollte es eine Kamera sein die einen Knopf hat mit der man die Automatik abschalten kann. Manuelle Einstellungen von ISO, Blende und Zeit sind wichtig für beste Ergebnisse und dafür eignet sich eine Spiegelreflexkamera ganz besonders. Dazu kann man ein nach seinen Wünschen passendes Objektiv wählen. Ein stabiles Stativ ist dann die nächste wichtige Voraussetzung.

 

 

Kameraeinstellungen

 

Bei Aufnahmen von Sonnenuntergängen kommt man vielleicht noch ohne Stativ aus, aber der erfahrene Photograph greift auch hier schon gerne zu dieser Hilfe. Er kann sich dann ganz auf die Einstellungen konzentrieren und braucht sich kaum Gedanken über verwackelte Bilder zu machen. Gegen die Sonne fotografiert bringt die stimmungsvollsten Aufnahmen, aber auch Aufnahmen vom roten Wolkenabend mit der Sonne im Rücken aufgenommen haben ihren besonderen Reiz. Zuerst entscheidet man sich im manuellen M Modus für einen ISO Wert, beim Sonnenuntergang kommt man noch bequem mit ISO 100 aus. Das garantiert in den meisten Fällen Bilder ohne Rauschen. Dann stellt man eine Blende ein, sie sollte etwa zwischen 6.3 und 11 liegen. Eine alte Regel besagt, Fotos bei Nacht, nimm Blende Acht. Durch diese Blende hat man genug Schärfentiefe und die Belichtungszeit reicht meistens sogar für Freihandaufnahmen aus.

 

Nun stellt man die passende Zeit ein, das Bild kann man im Sucher/Monitor oder durch eine Kontrollaufnahme kontrollieren. Dabei stellt man fest, wenn man auf die Mittelstellung der Belichtungsskala eingestellt hat, dass die Bilder Falsch belichtet sind. Hat man die Sonne zu sehr im Fokus des Belichtungsmesser dann werden die Bilder zu dunkel, hat man die Belichtung auf den dunkleren Teil des Himmels oder auf den Vordergrund eingestellt dann ist der Himmel und der Bereich um die Sonne viel zu hell. Hier muss man auch nach seinem Empfinden entscheiden und einen Kompromiss machen, meistens wird man ein etwas dunkleres Bild mit guter Dynamik um die Sonne herum vorziehen. Dazu macht man eine Gegenlichtkorrektur von etwa -0.7 bis -1.0, manchmal muss man aber auch auf bis zu -2.0 zurückgreifen.

 

Auf der Belichtungsskala wird die Minuskorrektur durch den Balken auf der linken Seite angezeigt. Dadurch wird die Belichtungszeit verkürzt, das helle Sonnenlicht wird reduziert aber die dunklen Stellen im Bild werden noch dunkler. Da man aber bei den meisten Aufnahmen gerade den Himmel betonen möchte ist das die am meisten gewählte Einstellung, denn der schönste Sonnenuntergang wirkt auf keinem Bild wenn der Vordergrund hell und richtig belichtet ist, der Himmel aber dafür fast Weiß erscheint. Wenn die Sonne noch zu sehen ist, wird man in den meisten Fällen auch Blendenreflexe auf dem Bild erkennen können. Sie sind je nach Winkel der Kamera zur Sonne mehr oder weniger stark und stören manchmal das Bild.

 

Doch sie lassen sich kaum vermeiden, auch bei sehr teuren und qualitativ hochwertigen Objektiven sind sie noch zu erkennen. Das Licht der Sonne wird in den Linsen gebrochen, zurückgeworfen und erscheint irgendwo im Bild als heller Fleck, manchmal kann man sogar die Form der Blende erkennen. Hier hilft nur den Aufnahmestandort ein wenig zu verändern und die Sonne nicht mittig auf das Bild zu legen. Bei solchen Aufnahmen ist es zudem mehr als wichtig auf einen guten Bildaufbau zu achten, denn der schönste Sonnenuntergang am Meer erscheint langweilig wenn die Wasserlinie und der Himmelshorizont das Bild in zwei Hälften teilt und dann die Sonne auch noch genau in der Bildmitte platziert ist. Hier sollte man sich ziemlich an den Goldenen Schnitt halten und die Sonne nach Rechts oder Links und nach Oben oder Unten verlagern, also etwa auf einen 2/3 Punkt im Bild. Diese Punkte sind auch ohne Hilfslinien im Sucher/Monitor leicht zu finden, 1/3 Wasser und 2/3 Himmel und dann die Sonne im gleichen Verhältnis an den rechten oder linken Bildrand positioniert.

 

Wenn man dann noch einige Aufnahmen mit unterschiedlicher Belichtungszeit macht, kommt man seinem Traumbild immer näher. Fokussiert man auf eine Wolkenkante, dann findet auch der Autofokus noch sein Ziel, ansonsten muss man auch hier manuell fokussieren. Wer die Belichtung nicht ganz manuell machen möchte, der kann auch auf die Halbautomatik Av oder A zurückgreifen. Hier wird die gewünschte Blende vorgewählt, die Belichtungsautomatik der Kamera wählt dann die passende Zeit hinzu. Doch nicht immer kommt man dabei aus den obigen Gründen zu einem guten Ergebnis.

 

 

Aufnahmen in der Blauen Stunde

 

Die Blaue Stunde ist die Zeit der Dämmerung vor Sonnenaufgang bzw. bis zur Dunkelheit nach Sonnenuntergang. Sie dauert je nach Jahreszeit und Standort unterschiedlich lange (30 Minuten (Tag-und-Nacht-Gleiche) bis 50 Minuten (Sonnenwende) in Mitteleuropa). Die Umgebung ist immer noch leicht erhellt und besser sichtbar, die Kontraste zwischen Hell und Dunkel sind abgemildert und die Bilder erhalten in Kombination mit unterschiedlichen Farbtemperaturen der verschiedenen Beleuchtungen dadurch eine interessante Stimmung. Es gibt einige Blaue Stunden Rechner im Internet, einer davon ist z.B. http://jekophoto.de/tools/daemmerungsrechner-blaue-stunde-goldene-stunde/ 

 

Nun ist die Zeit erreicht, wo man bei gleicher Blende 8 länger belichten muss. Geht dies aus irgendwelchen Gründen nicht (weil man z.B. noch ein wenig Bewegung abbilden möchte), dann kommt nur noch eine höhere ISO Zahl in Betracht. Doch mit zunehmender ISO steigt auch das Rauschen des Bildes, auch wenn bei modernen Kameras das Rauschen selbst bei ISO 800 und noch höher sehr gering ist. Wenn es möglich ist, so ist jedoch die kleinste ISO immer die bessere Wahl. Zudem ist ein Stativ nun Pflicht und auch der Autofokus schafft seine Aufgabe fast nicht mehr. Eine Hilfe kann dabei der Zoom sein. Man zoomt auf eine helle Stelle im Bild, der Autofokus findet nun einen Schärfepunkt. Nun schaltet man auf manuellen Fokus, legt den Bildausschnitt fest und stellt die Belichtung ein.

 

Einige Kameras bieten noch die Möglichkeit im manuellen Fokus auf dem Monitor und/oder im Sucher das Bild zu vergrößern, teilweise bis zu 15fach. Dadurch kann man ziemlich leicht auf das Motiv scharf stellen. Hat man einen Laserpointer zur Hand (der aber bitte auch nur für diesen Zweck verwendet wird) kann man einen Punkt auf dem gewünschten Bildausschnitt erzeugen und auf diesen scharf stellen. Diesen Punkt findet meistens sogar der Autofokus.

 

Bei Belichtungszeiten um den ersten Sekundenbereich werden beim Drücken des Auslöseknopfes und durch das Auslösen selber kleinste Bewegungen auf den Sensor übertragen, das Bild kann dadurch unscharf werden. Abhilfe bringt die Spiegelvorauslösung (meistens im Kameramenü wählbar), sie wird aktiviert und der Spiegel klappt schon vor der Aufnahme hoch. Erst dann erfolgt die eigentliche Belichtung des Sensors.

Alternativ stellt man den Selbstauslöser auf 2 oder gar 10“ ein und löst dann aus. Nun hat die Kamera genügend Zeit um sich schwingungsfrei zu beruhigen und die Belichtung beginnt erst nach Ablauf der voreigestellten Zeit. Wer einen Kabel- oder Funkauslöser besitzt, der braucht sich darüber jedoch keine Gedanken zu machen. So etwas ist für jeden Nachtphotographen ein sehr wertvolles Hilfsmittel.

 

Wenn die Kamera eine Rauschunterdrückung hat, so sollte sie aktiviert werden, sie führt meisten zu besseren Ergebnissen. Allerdings benötigt sie dafür bei manchen Kameramodellen so lange wie das Bild belichtet wird. Wird zum Beispiel 1 Minute belichtet, so braucht die Rauschunterdrückung eine weitere Minute, während dieser Zeit kann man keine weitere Aufnahme machen.

 

 

Die Nachtaufnahme

 

Die eigentliche Nachtaufnahme funktioniert nach dem gleichen bisher beschriebenen Prinzip, nur werden die Anforderungen an Kamera und Photograph noch um einiges höher. Für die Kamera sind Stativ und Fernauslöser unerlässlich und der Photograph sollte zu gewissen Jahreszeiten an warme Kleidung denken. Denn Belichtungszeiten von 15 Minuten oder noch länger sind bei Minustemperaturen nicht gerade angenehm (warme Getränke sind dann nicht zu verachten). Und an einen vollgeladenen Akku sollte man auch denken, ein Reserveakku leistet auch hier sehr gute Dienste. Bildstabilisatoren in der Kamera oder im Objektiv sollten bei Stativaufnahmen grundsätzlich abgeschaltet werden, sie wirken sich gegenteilig aus. Der Stabilisator versucht etwas auszugleichen was gar nicht vorhanden ist, das Ergebnis ist dann meistens ein ganz verschwommenes Bild. Bei Stativen sollte die Mittelsäule nur bei ziemlicher Windstille ausgefahren werden und bei starkem Wind tut der Körperschutz dem Stativ gute Dienste.

 

Die Kamera wird an einer geeigneten Stelle aufgestellt, bei Gebäuden oder Städte ist ein erhöhter Standort besser (das Umgebungslicht sollte nicht zu hell sein) und auf die Belichtungsfunktion B BULB eingestellt. Fokussiert wird wie auch oben schon beschrieben durch die manuelle Fokussierung, die Blende wird eventuell etwas weiter geöffnet (eine Blende größer halbiert die Belichtungszeit) und auch hier sollte man mit der ISO sparsam sein (aber besser ein etwas verrauschtes Bild als gar keins).

 

Bei diesen langen Belichtungszeiten erscheinen Scheinwerfer von vorbeifahrenden Fahrzeugen als weiße oder rote Leuchtspuren und Personen oder Tiere die zufällig durch das Bild laufen sollten erkennt man später nicht auf dem Bild. Sehr interessante Bilder von Gebäuden oder Bäumen bekommt man wenn man sie während der Belichtung mit einer Taschenlampe bewegend anleuchtet. Astrofotos sind eine weitere Möglichkeit für Aufnahmen in der Dunkelheit, hier sollte man jedoch auf klare aber Mondlose Abende und Nächte warten. Die Sterne werden bei diesen Langzeitbelichtungen als Strichspuren abgebildet und wenn man die Kamera auf den Polarstern ausrichtet so scheinen sich alle anderen Sterne kreisförmig darum zu drehen. Dies macht sich besonders bei Weitwinkelaufnahmen bemerkbar.

 

Gute Mondaufnahmen bekommt man mit einem Teleobjektiv und kurzen Belichtungszeiten. Damit der Mond nicht nur als heller Fleck auf dem späteren Bild zu sehen ist muss meistens stark unterbelichtet werden. Dadurch werden erst die Details und Krater sichtbar und die Zeit wird auch sehr kurz gehalten. Schon eine Brennweite von 250mm bei Blende 8-11 und 1/250“ bis 1/500“ Sekunde ergibt bei einem hellen Mond ein gutes Bild.

 

Der Rummelplatz mit seinen vielen Schaustellern und die sich bewegenden Fahrgeschäfte sind eine wahre Fundgrube für den Photographen. Hier sollte man sich nicht scheuen zu experimentieren und dadurch eigene Erfahrungen zu sammeln. Ein sich drehendes Riesenrad mit einigen Sekunden belichtet bewirkt schon einen AHA Effekt, sind dann noch einige ruhende Teile im Bild zu sehen (sie werden dann im Gegensatz zu den Lichtern vom Riesenrad scharf abgebildet) ergibt das eine weitere wunderbare Nachtaufnahme.

 

Auf einen Blitz sollte man bei Nachtaufnahmen ganz verzichten, denn die aufgenommenen Objekte sind meist so weit entfernt dass der Blitz wirkungslos bleibt, zudem würde der Vordergrund völlig überbelichtet. Sehr helle Lichtquellen im Bild lassen sich nicht immer vermeiden, sie sollten aber auf ein Minimum reduziert sein (an die Gegenlichtblende denken), sie werden bei großen Blenden und kurzer Belichtungszeit leicht verwaschen aufgenommen, wählt man eine kleinere Blende und eine längere Verschlusszeit so bilden sich um die Lichtquelle Strahlen bis hin zu einer Sternwirkung. Das ist bedingt durch die eckige Anordnung der Blendenlamellen, haben Objektive bauartbedingt immer eine runde Blendenöffnung tritt dieser Effekt nicht auf.

 

Noch ein Tipp für den werdenden Experten, kann die Kamera Bilder im RAW Modus aufnehmen so lassen sich später am Monitor der Weißabgleich, die Helligkeit und das Rauschen noch besser kontrollieren und bearbeiten. Und die höchste Auflösung sollte auch immer gewählt werden. Bei der späteren Bildbearbeitung sollte man daran denken, dass durch die Bearbeitung nur Kamerafehler korrigiert werden und das fertige Bild so entstehen soll wie es zum Zeitpunkt der eigentlichen Aufnahme war. Das Beste ist aber immer noch das Bild so zu fotografieren, dass man so wenig wie möglich EBV braucht im Nachhinein.

Und bitte nicht bei den ersten Nachtfotos verzweifeln oder nach den ersten Versuchen aufgeben. Denn außer ein wenig Zeit kostet so ein Shooting nicht viel, aber es bringt viel Erfahrung und ganz neue Impressionen von einer wunderbaren photographischen neuen Welt.